von Florian König, maut1.de - 16. November 2023
Die rot-grün-gelbe Bundesregierung hat sich in Ihrem Koalitionsvertrag 2021 vorgenommen, den Umstieg auf klimaneutrale Antriebe im speziellen auch im Güterverkehr zu beschleunigen und die 2005 eingeführte LKW-Maut künftig an den CO2-Ausstoß zu koppeln. Auf diese Weise soll für mehr Klimaschutz im Güterverkehr gesorgt werden, der aktuell für ein Drittel der gesamten CO2-Emissionen im Verkehrssektor verantwortlich zeichnet. Bundestag und Bundesrat haben der anstehenden Gesetzesänderung bereits zugestimmt.
Güterfahrzeuge ab 3,5 Tonnen Gewicht in Deutschland werden Mautpflichtig
Demnächst wird in Deutschland eine Mautreform in Kraft treten, die unter anderem auch eine Mautpflicht für alle Fahrzeuge ab mehr als 3,5 Tonnen Gesamtgewicht, die zur Güterbeförderung eingesetzt werden, beinhaltet. Die Bemautung tritt dann zum 1. Juli 2024 in Kraft.
Welche Rechtsgrundlagen führen zu den geänderten Mautgebühren?
Hintergrund der neuen Anpassung zur Berechnung der Mautsätze sind sowohl aktualisierte EU-Vorgaben als auch das sogenannte „Wegekostengutachten“ des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr. Nach der sogenannten „Eurovignetten-Richtlinie“ muss sich die Lkw-Maut künftig auch an den Kosten für Bau, Betrieb, Erhalt und Ausbau der Verkehrswege orientieren. Die Neuregelung der Mautgebühren ab 2024 dient demzufolge vor allem zur Kostendeckung des steigenden Finanzierungsbedarfs der Verkehrsinfrastruktur.
Für wen gilt die „neue Maut“ und auf welchen Strecken fällt diese an?
Die Nutzfahrzeuge-Maut wurde im Jahr 2005 als streckenbezogene Straßenbenutzungsgebühr auf allen Bundesautobahnen in Deutschland eingeführt. Gemäß § 1 des Bundesfernstraßenmautgesetzes unterliegen derzeit alle Kraftfahrzeuge und Fahrzeugkombinationen mit einem zulässigen Gesamtgewicht von 7,5 Tonnen oder mehr aus dem In- und Ausland der Mautpflicht. Die Mautgebühren werden bereits bei der Auffahrt auf eine Bundesfernstraße erhoben und betreffen sowohl die Bundesstraßen als auch die Autobahnen sowie die angrenzenden Tank- und Rastanlagen.
Ab Juli 2024 wird die LKW-Maut auf alle Fahrzeuge ab mehr als 3,5 Tonnen ausgedehnt werden. Ausgenommen von der neuen Maut bleiben Handwerkerfahrzeuge mit über 3,5 aber unter 7,5 Tonnen Gesamtgewicht.
Hat die „neue Maut“ auch für Wohnmobile über 3,5 Tonnen Gewicht Gültigkeit?
Für bestimmte Wohnmobile über 3,5 Tonnen kann das Gesetz zur neuen LKW-Maut ab 2024 Auswirkungen haben. Welche Fahrzeuge dies genauer betrifft und was Camper dann tun sollten betrachten wir im Folgenden näher:
- Wohnmobile im Allgemeinen bleiben mautfrei
- Gültigkeit der Mautpflicht ab 3,5 Tonnen: ab 1. Juli 2024
- Betroffen ist ein kleiner Teil von Fahrzeugen auf „LKW-Basis“
- Option: Aktualisierung der Zulassung als Wohnmobil statt Lkw
Im Detail: „reine“ Wohnmobile über 3,5 Tonnen bleiben mautfrei
In Deutschland sind derzeit rund 160.000 Wohnmobile mit einem Gesamtgewicht von über 3,5 und bis 7,5 Tonnen zugelassen, von denen einige aufgrund ihrer besonderen Aufbauart – insbesondere basierend auf LKW oder Omnibussen – mit der Mautpflicht ab Juli konfrontiert werden könnten.
Jedoch sind die meisten dieser Wohnmobile für die installierten Mautkontrollsysteme bzw. Stichprobenartig durchgeführten Kontrollen bereits vom Aufbau her eindeutig als Wohnmobile erkennbar und bleiben damit ohne etwaigen bürokratischen Aufwand weiterhin mautfrei.
Laut Informationen des Bundesamts für Logistik und Mobilität (BALM) entfällt die neue Mautpflicht ab 3,5 Tonnen weiterhin für alle Fahrzeuge (Wohnmobile oder Camper), die
- mit einer Wohneinrichtung (z.B. Toilette/Dusche, Wohnraum/Betten oder Kochgelegenheit) dauerhaft und fest installiert ausgestattet wurden,
- ausschließlich der Personenbeförderung und nicht dem Transport von Gütern dienen oder
- nachträglich dauerhaft zum Wohnmobil umgestaltet wurden (z.B. Lkw mit Kofferaufbau).
Bei allen anders aufgebauten Wohnmobilen z.B. mit einem bestimmten Bereich zur Ladung (Transport von Pferden/Kühen oder einer Garage im Heck für Kleinfahrzeuge) oder Anhängern zum Transport muss der verfügbare „Wohnbereich“ (mit dauerhaft installierter Toilette/Dusche, Wohnraum/Betten oder Kochgelegenheit) mindestens 50 % der gesamten Nutzfläche des Fahrzeugs betragen, und es dürfen ausschließlich private Fahrten damit vorgenommen werden.
Mögliche Probleme beim Ausbau von LKW oder Bus zum Wohnmobil
Im Einzelnen lässt sich zwar noch nicht abschätzen, wie viele Campingfahrzeuge ab 2024 tatsächlich von der neuen Lkw-Maut betroffen sein werden, es dürfte sich aber nur um einen sehr geringen Anteil handeln.
Für Wohnmobilbesitzer bleibt aber zu beachten, dass es einige, selbst aus- und aufgebaute Wohnmobile auf Basis von LKW oder Omnibussen gibt, die auf den ersten Blick nicht eindeutig wie ein Wohnmobil ersichtlich sind, auch wenn sie als M1 SA („Fahrzeug zur Personenbeförderung Sonderaufbau Wohnmobil“) zugelassen sind.
Zudem sind einige dieser umgebauten Wohnmobile aktuell noch mit einer Lkw-Zulassung unterwegs, da Selbstausbauer beispielsweise Lastkraftwagen oder Unimogs mit einem Kastenaufbau als Wohnmobil verwenden, oder beispielsweise einen Wohnwagen ohne Räder auf die Ladefläche eines LKWs montiert haben und diese Kombination als „mobile Wohnung“ nutzen.
Zu guter Letzt ist es auch nicht offensichtlich, ob ein Wohnmobil knapp unter oder bereits über 3,5 Tonnen wiegt (Abhängig beispielsweise auch von einer nachträglich möglichen Auf- bzw. Ablastung).
Mögliche Lösungsoption: Änderung der Zulassung zum Wohnmobil statt LKW/Bus
Welche Möglichkeiten haben nun Besitzer von auf Basis von LKW oder Omnibussen aufgebauten Campingfahrzeugen, die nicht eindeutig als Wohnmobil „erkennbar“ oder die bislang noch als LKW zugelassen sind, um ab Juli 2024 eventuell anstehende Mautprobleme zu vermeiden?
Als praktikabelste Lösung empfiehlt das BALM unter anderem die Mitführung von entsprechenden Fahrzeugdokumenten für Kontrollen sowie die Zulassung als „Sonstiges KFZ Wohnmobil“.
Bei älteren Fahrzeugen auf Basis von LKW oder Omnibussen, die auch häufiger auf Autobahnen und Bundesstraßen eingesetzt werden sollen, lohnt sich die Ermittlung der Kosten für eine Änderung der Zulassung als „M1 SA Wohnmobil“ im Vergleich zur bisherigen Zulassung als „LKW“, da zusammen mit der neuen CO2-Abgabe auch deutlich höhere Fahrtkosten pro Strecke entstehen werden.
Prinzipiell besteht natürlich die Möglichkeit, dass jeder LKW ab 3,5 Tonnen aber unter 7,5 Tonnen Gesamtgewicht von der neuen Mautpflicht befreit bleibt, sofern er ausschließlich als Wohnmobil genutzt wird. Es liegt jedoch in der Verantwortung des Halters, diesen nicht ganz Aufwandsfreien Nachweis ab 2024 gegenüber der Maut-Betreibergesellschaft Toll Collect GmbH zu erbringen…
Freiwillige Registrierung für „unklare“ Fahrzeuge als Wohnmobil voraussichtlich ab 2024 möglich
Sollten sich in Zukunft bei der Überwachung der Mautgebühren Unsicherheiten ergeben, ob ein Fahrzeug tatsächlich als Wohnmobil einzustufen ist, wird dem Halter ein Anhörungsbogen zugesandt werden. Mit diesem hat er dann die Möglichkeit, den Status seines Fahrzeugs nachzuweisen.
Ebenso soll es möglich sein, das eigene Fahrzeug bereits vor dem Stichtag auf freiwilliger Basis beim Mautbetreiber Toll Collect als Wohnmobil registrieren zu lassen. Auf diese Weise sollen sich laut BALM "unnötige Ausleitungen, Kontrollen und Nacherhebungsbescheide weitestgehend vermeiden" lassen.
Für diese Registrierung für Fahrzeuge als Wohnmobil muss im Registrierungsantrag eine Kopie des Fahrzeugscheins, Fotos und Aufbauskizzen des Wohnmobils mit Angaben der Größenverhältnisse von Wohn- und Ladebereich sowie Informationen zur Nutzung des Wohnmobils beigefügt werden. Die Gültigkeitsdauer dieser Registrierung beträgt allerdings höchstens zwei Jahre und kann nach Ablauf wieder verlängert werden.
Voraussichtlich ab Anfang 2024 können Fahrzeuge mit mehr als 3,5 Tonnen, bei denen der Nachweis des Status „Wohnmobil“ evtl. mit Problemen behaftet sind, im „Serviceportal von Toll Collect“ als Wohnmobile registriert werden.
Ein Statement von maut1 zur Erhöhung der LKW Maut in Deutschland zum 01.12.2023 (Kritik zum Termin, Alternativen für Speditionen, Probleme der Infrastruktur, Optionen für Speditionen, Schiene als Alternative) kann in der Mediathek des RFO nachgesehen werden.
FAZIT
Für alle Wohnmobile ab mehr als 3,5 Tonnen bzw. für alle Fahrzeuge auf LKW- bzw. Omnibus-Basis ab mehr als 3,5 Tonnen, die zu mehr als 50% als Wohnmobil genutzt werden, besteht auch ab 2024 weiterhin keine Mautgebührenpflicht in Deutschland, insofern sie nicht für den gewerblichen Güterverkehr eingesetzt werden.
Für Wohnmobil-Reisende werden allerdings abhängig vom ausgewählten Reiseland unterschiedlich hohe Mautgebühren auf ausländischen Routen fällig, die häufig nur über ein streckenbezogenes Ticket oder eine für das Land freigegebene Mautbox abgerechnet werden können.
Für die Länder Italien, Frankreich, Spanien und Portugal sowie Österreich (große Wohnmobile) bzw. Kroatien (ohne Istrien, kleine Wohnmobile) können Sie sich bei maut1.de näher informieren.